2. Mai 2023
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Achtsamkeit – Mindfulness – Wertschätzung in aller Munde… Doch wozu?

Wird Achtsamkeit, Mindfulness, Wellbeing nicht allmählich schon inflationär genutzt. „Achtsam morden“ – ein spannendes Hörbuch von Karsten Dusse – lädt uns zu mehr Achtsamkeit mit uns selbst ein, Atemtechnik und Entschleunigungs-Theorien. Doch hilft uns das im Miteinander, in der Zusammenarbeit, in der Führung?

Wie können wir achtsam, wertschätzend und vor allem fördernd mit anderen umgehen. Wie weit beeinflussen uns dabei unsere Erwartungen? – Denn die können sehr schnell enttäuscht werden. Schnell landen wir bei den sich „Selffulfilling Prophecys“ – im Negativen – statt den so wichtigen Vertrauensvorschuss zu geben und dann geht die Motivations-Spirale und auch die Ergebnisse immer weiter in den Keller.

Doch schauen wir uns das mal an anhand des Rosenthal-Effektes an, wo Erwartungen durch den Experimentierenden Einfluss auf das Ergebnis haben: und das bei Ratten!!!

„Es ist mitten in der Nacht. Das Labor wird schwach von Neonlicht erhellt. Professor Bob Rosenthal schleicht sich zu den Rattenkäfigen in seinem Forschungslabor und hängt an jeden Käfig ein Schild. Auf manchen Schildern steht, dass die Ratte im Käfig unglaublich intelligent ist, auf anderen, dass die Ratte im Käfig unglaublich dumm ist.

In Wirklichkeit stimmt weder das eine noch das andere. Es sind ganz normale Ratten, und Bob Rosenthal verteilt die Schilder nach dem Zufallsprinzip.

Am nächsten Morgen teilt er jedem seiner Forschungsassistenten eine Ratte zu und gibt ihnen folgende Aufgabe: Führe deine Ratte, die entweder sehr intelligent oder sehr dumm ist, in der kommenden Woche durch ein Labyrinth und zeichne auf, wie gut sie sich dabei schlägt.

Das Ergebnis? Dramatisch. Unglaublich.

Die vermeintlich intelligenten Ratten kommen fast doppelt so schnell durch das Labyrinth wie die vermeintlich dummen, obwohl es sich um dieselben Labor Ratten handelt und das Etikett „intelligent“ oder „dumm“ nur zufällig vergeben wurde“.

Es ist unglaublich! Doch es wurde wissenschaftlich durch viele Experimente bestätigt: Wer gute Leistungen erwartet, wird selten enttäuscht! Klingt doch ganz wunderbar, oder?

Das kennen wir auch aus Lehrer-Schüler-Experimenten. Durch die positive Erwartungshaltung der Lehrer kann sich das Verhalten der Schüler ändern. Schüler, die als leistungsstark und besonders intelligent hervorgehoben wurden, wurden in dem getesteten Zeitraum stärker gefördert, Fortschritte wurden deutlicher herausgestellt, bei Schwierigkeiten oder Rückfragen wurde geduldiger reagiert.

Und auch im Fußball erleben wir das: So schreibt Neven Subotic über seine Zeit als Spieler beim BVB und seinen Trainer Jürgen Klopp: „Kloppo legt sehr starken Fokus auf die Stärken der Spieler und die Chance – egal wie klein diese auch sein mag – und fördert dann positive Wettkampfstimmung im Training. Er glaubt an die Chance und impft diesen Glauben auch seinen Spielern ein“. Das nennen wir Vertrauen oder Vertrauensvorschuss und wird gerne erfüllt.

In Anlehnung an den Rosenthal-Effekt kann man also sagen: Die eigentliche Aufgabe von Führung ist es, Menschen aufzurichten. Menschen zu ermutigen, ihr Potenzial auszuschöpfen und ihren Weg zu begleiten.

Daher: ob in der Schule, im Studium, während der Ausbildung, bei einem Praktikum oder im Berufsleben, der Rosenthal-Effekt lässt sich überall beobachten. Doch: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!

Häufig erlebe ich im Coaching die Befürchtung, dass den Coachees nicht genügend zugetraut wird, dass möglicherweise negative Beurteilungen schon im Raum stehen, dass sie allein gelassen werden mit der Aufgabe. Hier gibt uns die Karriere Bibel drei wichtige Tipps:

  1. Glaube an Dich selbst! Positive Erwartungen können nicht nur andere Menschen uns gegenüber haben, sondern auch wir selbst. Ein positives Selbstbild mit dem nötigen Selbstvertrauen steigert die Wahrscheinlichkeit, dass dies zutrifft. Oder begib Dich auf den Weg mit dem Mantra: Fake it ‚til you make it!

 

  1. Begegne selbst Deinen Kollegen und Mitarbeitenden mit positiven Erwartungen! Bewahre eine positive Erwartung und lass Dich überraschen, wozu Kollegen in der Lage sind. Für Führungskräfte kann dies eine wichtige Grundeinstellung sein, um mit dem eigenen Verhalten nicht unbewusst dem Team zu schaden.

 

  1. Schüre keine negativen Erwartungen: Einige Menschen neigen dazu, sich selbst klein zu reden und die Erwartungshaltung anderer sofort zu senken. „Ich bin nicht gut darin“… „Ich bin die meistüberschätzte Führungskraft im Konzern“ … Dahinter steckt eine Schutzfunktion, um zu hohe Erwartungen nicht zu enttäuschen. Allerdings stehen diese Menschen sich bei ihren Leistungen selbst im Weg.

Hier mein Tipp für Führungskräfte oder auch für Projektverantwortliche:

  • Achte auf Deine Wahrnehmung, sei Dir bewusst, was Deine Wahrnehmungen bewirken und auslösen können… denke an die Ratten!
  • Vergiss alle Stereotypen – befreie Dich von kulturellen, geschlechtsspezifischen, altersbedingten und anderen Vorurteilen, die Du haben könntest.
  • Fange bei null an, d.h. hat jemand einen negativen Ruf, schaff Dir Deine eigene Meinung.
  • Identifiziere positive Eigenschaften.
  • Lege die Messlatte hoch – Menschen entwickeln sich am besten, wenn man sie herausfordert und ermutigt.
  • Zeige Wertschätzung – lass die Menschen wissen, dass Du an sie glaubst.

Richte Menschen auf! Es geht nicht ums Unterrichten!

Auch der Fußballtrainer Arsène Wenger hat es so zusammengefasst:

„Alle großen Erfolge, alle gelungenen Leben, beinhalten das Zusammentreffen von Einsatz und Talent. Aber ebenso das Glück, Menschen getroffen zu haben, die an dich glaubten. Irgendwann in deinem Leben brauchst du jemanden, der dir auf die Schulter klopft und sagt: Ich glaube an dich.“

Das ist mein Wunsch und meine Überzeugung: Wir sollten uns gegenseitig aufrichten. Uns gegenseitig ermutigen, unser Potenzial auszuschöpfen und unseren Weg zu gehen.

Und das nicht nur, weil es bei den Ratten von Bob Rosenthal funktioniert hat!

 

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