Agiles Jugend-Orchester aus Kanada als Vorbild für agile Organisationen?
Ich bin immer noch sehr berührt. Ein Konzert im Rahmen des 12. Summa Cum Laude Youth Music Festivals in Wien. Junge kanadische Musiker stehen auf der Bühne des Goldenen Saals und rocken die heiligen Hallen mit viel Freude, Spaß und Begeisterung. Das Orchester, Brockton`s School World Music Program, ist weltbekannt und mit vielen Preisen ausgezeichnet. Adrian Dyck – Leiter und Dirigent – führt das Orchester „agil“ und „lateral“. In der Pause erklärt er uns, dass die Jugendlichen selbstverantwortlich sind für Inhalte, Performance und auch für Konfliktlösungen. Er gibt und hält den Rahmen, organisiert und sitzt an der Seite auf einer „Caja“, also nicht im Zentrum auf der Bühne, denn die gehört den Musikern. Dieser Funke unglaublicher Begeisterung ist auf uns Zuhörer übergesprungen: gute Laune, Zufriedenheit, Entzücken, ja und schade, dass es nach einer Stunde schon vorbei ist … ja und bitte gerne noch mehr davon. Welches Unternehmen wünscht sich das nicht? Doch wie kommt diese Begeisterung in die Organisation und zu den Kunden?
Missverständnis: Agilität
In einem Erstgespräch in einer Organisation erfahre ich, dass das Wort Agilität bewusst aus dem Konzept gestrichen wurde. „Agil“ wird interpretiert als gerade noch mobil, sozusagen mit dem Rollator unterwegs, rüstig… Tja und egal wie fit jeder Mitarbeitende sich fühlt, weiß man, weiß jeder wir sind jetzt schon besser. Let´s become better… hier nicht nötig! Oder doch?
Richtig ist: Agilität bedeutet die Fähigkeit einer Organisation, flexibel, aktiv, anpassungsfähig und mit Initiative in Zeiten des Wandels und Unsicherheit zu agieren. Oder auch: den Wandel zu fordern, dort wo er sinnvoll ist.
Der Begriff der Agilität hat sich längst in unseren Wortschatz geschlichen und wird überall dort verwendet, wo es um Geschwindigkeit, Flexibilität und Innovation geht. Jedoch ist mehr als Schnelligkeit von Nöten, es ist vor allem Markt- und Kunden-Zentrierung auf höchstem Niveau, wie bei den Musikern, die die Zuhörer „verzaubern“.
Nun kann man Agilität nicht einfach kaufen (Start-Ups integrieren) oder in eine artfremde Kultur einpflanzen. Wie die Botanik benötigt sie eine passende Umgebung. Hierarchien, Pläne, Prozesse, Kostenrechnung und diverse Richtlinien sind es jedenfalls nicht.
Doch wohin geht die Reise? In wie weit müssen sich die Menschen verändern?
Damit eine Organisation agil sein kann, muss sie sich schnell neuen Situationen anpassen, evtl. geht Improvisation vor Genauigkeit und planbarem Vorgehen. Bewährtes Vorgehen muss hinterfragt, verabschiedet und Neues ausprobiert werden. Strukturen müssen sich ändern und auch die Menschen, die in diesen Strukturen arbeiten. Neue Herausforderungen, Kompetenzen stehen auf dem Plan, die in den letzten Jahren nicht gefragt und entwickelt wurden.
In agilen Organisationen werden Vorgaben durch Freiheiten und Verantwortung ersetzt (s. Musiker oben), selbstorganisierte Teams finden selbst Lösungen. Selbstorganisation muss gelernt werden, braucht klare Regeln und eine kooperative, laterale Führung, die die Mitarbeitenden unterstützt und coacht. Und viel Transparenz und Klarheit!
Klassische Managementwerkzeuge werden heute oft nur zur Kontrolle eingesetzt. Das ist wenig agil, verhindert Innovationen und die Ausrichtung auf die Umwelt und das Umfeld. Einige agile Methoden sind SCRUM, Design Thinking, die Theorie U, #WoL Working out Loud, Achtsamkeit, Transparenz, Augenhöhe, das Prinzip der offenen Tür, absolute Kundenzentrierung (s. mein vorheriger Newsletter und die Geschichte über Jeff Bezos: der zusätzliche Stuhl), um nur einiges zu nennen.
Statt „rüstig sein“ brauchen wir „Muscle bakeries“, um die unterschiedlichen Fitnessgrade gemeinsam weiterzuentwickeln und noch besser zu werden. Let´s become better!
- Allgemein
Noch keine Kommentare!