10. November 2014
n/a

Global denken – lokal handeln

“Global denken – lokal handeln”: Auf diese einfache Formel wird die Erfolgsstrategie im internationalen Business gerne gebracht. Wer das Motto “Global denken – lokal handeln” auf Englisch und Deutsch googelt, erhält über 40 Millionen Treffer.

Möglicherweise ist die Erfolgsformel “Global denken – lokal handeln” deshalb so beliebt, weil sie gleichzeitig griffig und vage ist. “Global denken – lokal handeln” – das besagt lediglich, dass Unternehmen eine globale Strategie haben müssen, bei deren Umsetzung jedoch auch lokale Besonderheiten berücksichtigt werden sollten. Doch wo soll die Standardisierung im Einzelfall enden und die nationale Vielfalt beginnen? Jedes multinationale Unternehmen ist aus einer nationalen Keimzelle heraus entstanden und muss vor der Internationalisierung klären, wie stark die Ursprungs-Unternehmenswerte auf die neuen Standorte übertragen werden, und wann nationale Werte für die Marktbearbeitung erforderlich sind.

International Dynamics: Austausch statt Uniformität

Drei Jahrzehnte im internationalen Business haben mir gezeigt: dass wir nicht alle gleich sein müssen, aber wir sollten eine Kommunikationsbasis finden, um gemeinsam Ziele im internationalen Umfeld zu erreichen. Global denken – lokal handeln reicht also nicht. Wir müssen nicht ständig nach demselben Rhythmus tanzen, aber wir müssen uns hin und wieder (z.B. in Meetings) für einige Takte zusammenfinden. Niemand ist so perfekt, dass er durch den anderen nicht noch hinzulernen könnte. Mit dieser Grundhaltung nimmt die internationale Dynamik eine positive Wendung, in der Kultur des Unternehmens wie in seinen wirtschaftlichen Erfolgen. Geprägt wird der Geist des Unternehmens wesentlich von seiner Führungsmannschaft.

Wie weltoffen und selbstkritisch ist das Top-Management?

Betriebswirtschaftlicher Weitblick hinsichtlich globaler Produktionsstätten oder Absatzmärkte ist das eine, wenn es um den internationalen Erfolg geht. Ebenso wichtig ist das Bewusstsein für die kulturell bedingten Herausforderungen solcher Geschäftsvorhaben. Nicht nur bei kleinen Mittelständlern besteht die Gefahr, dass man sich in internationale Expansionsvorhaben stürzt, ohne viele Gedanken an die „weichen“ Kulturfaktoren zu verwenden. Dabei spielt der eigene Erfahrungshintergrund eine wichtige Rolle. Zumindest für Deutschland gilt, dass die Top-Führungsebenen im Wesentlichen deutsch besetzt sind.

Erfolg kann einen fatalen Nebeneffekt haben: Er kann den Glauben an die eigene Unfehlbarkeit schüren. Was jedoch in Europa funktioniert, muss in China oder Amerika noch lange nicht funktionieren. In einen Businessstandort zu investieren, den man selbst nicht genau kennt, ist doppelt riskant. Und wer nur nach dem Motto “Global denken – lokal handeln” lebt, für den vervielfacht sich das Risiko weiter, wenn man in einem neuen kulturellen Umfeld expandiert, das man sich ebenfalls erst erschließen muss. Wer sich auf ein Auslandsabenteuer einlässt, muss bereit sein, sich auch selbst zu verändern und dazuzulernen – und zwar umso mehr, je „fremder“ die andere Kultur ist. Sich nur auf Leerformeln wie “Global denken – lokal handeln” zu verlassen, führt schnell in die Pleite.

Vom Unternehmensempfang bis zur Integration ausländischer Mitarbeiter

Wenn man sich von der vagen Aussage “Global denken – lokal handeln” zu konkreten Fragen bewegt, landet man schnell bei: Wie richtet sich ein Unternehmen auf multikulturelle Zusammenarbeit aus? Welche Abteilungen müssen wie eingestimmt werden?

Unternehmensempfang bzw. Telefon-Zentrale: Inwieweit werden Mehrsprachigkeit, fließendes Englisch, ggf. auch Kenntnisse der Sprachen der wichtigsten Partnerländer sowie Erreichbarkeit aus unterschiedlichen Zeitzonen berücksichtigt?

Kantine und Catering: Sind die Verantwortlichen sensibel für Ernährungsgewohnheiten anderer Kulturkreise, werden Tabus beachtet? Vielleicht gibt es z.B. Mexikanische Wochen, wenn ein neues Werk in Mexiko aufgebaut wird und somit ein „informeller“ Austausch über die neuen Speisen stattfinden kann.

Buchhaltung und Controlling: Welche Gesetze gelten, wie wird verbucht? Sind die im Finanzbereich tätigen Mitarbeiter der Landessprache mächtig, um alle buchhalterischen Zwischentöne zu verstehen?

IT/Technik und Logistik: Sind die IT-Systeme der verschiedenen Niederlassungen miteinander kompatibel, sind Software-Programme aufeinander abgestimmt? Sind die jeweiligen Import- und Exportvorschriften für verschiedene Länder bekannt und übersichtlich dokumentiert. Wurden Transportwege, Sondertransporte, gelegentliche Lieferengpässe und Streiks ausreichend berücksichtigt?

Juristische Abteilung: Welche Rechtsvorschriften sind zu beachten? Wie werden Verträge geschlossen, wie sieht das Arbeitsrecht im Vergleich zum geltenden Recht im Headquarter aus?

Unternehmenskommunikation: Passen Leitbild und andere Elemente der Corporate Identity und des Corporate Designs für alle Tochterunternehmen oder sind Anpassungen erforderlich? Werden die wichtigen Texte und Informationen durch Übersetzung allen Mitarbeitern zugänglich gemacht (Leitbild, Verhaltenskodex, Verlautbarungen der Unternehmensspitze…)? Haben die Mitarbeiter international taugliche Visitenkarten (zweisprachige)? Welche Medien gibt es (z.B. Intranet, Mitarbeitermagazin, Chatrooms, internationale Stellenausschreibungen, Ankündigungen internationaler Gäste) die den internationalen Austausch fördern?

Marketing und Werbung: Entspricht die Produkt- und Sortimentspolitik den Konsum- und Ernährungsgewohnheiten? Ist die Verpackung ansprechend (in manchen Ländern wie z.B. Japan ist die Verpackung wichtiger als der Inhalt)? Ist der Produktname richtig übersetzt, sind die Produktfarben und Symbole ansprechend? Farben und Tiere haben in verschiedenen Kulturen ganz unterschiedliche Bedeutung: Unser „Glücksschwein“ etwa gilt im Islam als unrein; ein Drache ist in China kein Ungeheuer sondern ein Symbol für Reichtum, Stärke und kaiserliche Macht. Die Farbe der Trauer in China oder Japan ist weiß, nicht schwarz. Was ist die „Blumen-Sprache“? Kentucky Fried Chicken etwa hat McDonalds in China den Rang abgelaufen, weil KFC in der Lage war, seine Rezepte den chinesischen Essgewohnheiten anzupassen.

Verkauf und Verhandlungen: Das beginnt schon mit der Frage, ob es in einem Land, das auch im Business großen Wert auf persönliche Beziehungen legt, ratsam ist, einen festen Rückflug zu buchen. Wie ist Gestik und Mimik unserer Verhandlungspartner zu deuten, sitzen die Entscheidungsträger mit am Tisch, und wie viele Ablehnungen müssen überwunden werden? Sind die Auslandsmanager in der Lage und auch bereit, mit einem anderen Zeitverständnis oder indirekter Kommunikation umzugehen?

Human Resources: Ist die Personalabteilung in der Lage, Menschen für internationale Aufgaben auszuwählen, sie darauf vorzubereiten, sie zu begleiten und nach der Rückkehr wieder ins Unternehmen zu integrieren. Ist sie in der Lage, ihre Aufgaben im Ausland kulturangepasst wahrzunehmen? Wie gut ist die Willkommenskultur für ausländische Mitarbeiter? Gibt es Mentoren oder Buddies, Übersetzer, Unterstützung bei der Wohnungssuche? Welche Themen werden von den Verantwortlichen in der Personalabteilung erkannt und verfügen sie selber über interkulturelle Kompetenzen und damit über ein Verständnis für Herausforderungen globaler Zusammenarbeit?

Internationale Zusammenarbeit braucht Austausch, Gemeinsamkeiten, Lernerfahrungen, wenn Sie als Bereicherung erfahren werden soll, auch verändert sie die Akteure und auch die Unternehmen.

Konkrete Denkanstöße – statt nur “Global denken – lokal handeln”

  • Wie hat die internationale Zusammenarbeit Ihr Unternehmen in all diesen Bereichen bisher verändert?
  • Was müsste sich noch ändern? Gibt es eventuell noch weiße Flecken bzw. Abteilungen, die die Internationalisierung noch nicht leben?
  • Wenn Sie Ihre internationalen Partner befragen, was würden die sich noch wünschen?

Kommentare für diesen Artikel nicht verfügbar!