30. April 2015
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Internationales Recruiting – Personalarbeit über Grenzen hinweg

Mit 6,4 % (Dez 2014) war die Arbeitslosenquote in Deutschland seit der Wiedervereinigung noch nie so niedrig. Dies macht es gerade in Bundesländern wie Bayern und Baden-Württemberg, die bei 4 % liegen, für die Unternehmen richtig schwer in einem Kandidatenmarkt Mitarbeiter mit dem richtigen Know How zu finden. Zum einen brauchen die Unternehmen diese Personen dringendst, um die Prozesse, Abläufe und Resultate zu sichern, zum anderen aber auch, um die Arbeitgebermarke als internationale Unternehmen stimmig aufzubauen.

Tagesgeschäft aus der Personalarbeit eines internationalen Konzerns:

Matrix-Organisation, internationale Headquarter Aktivitäten, lokale Personalarbeit in den Werken. Die Liste der zu besetzenden Positionen reicht von Arbeitsverträgen in der Produktion bis zu Führungspositionen im Management-Team. Die Beschaffungszeit ist lang, da gerade in dieser Region der Bewerbermarkt leergefegt, die Mobilität der Zielgruppe sehr gering und namhafte Unternehmen mit ähnlichen Suchaufträgen im Umfeld angesiedelt sind. Die Personal-Fachkräfte dieses Standortes sind gut ausgebildet für das Tagesgeschäft, Personalverwaltung, Abrechnungen usw., doch wie steht es beim internationalen Recruiting?

Es gab einen internen Vorschlag: Bewerber-Trainings in einer Mittelschule durchzuführen (evtl. im lokalen Dialekt, denn Sprachkenntnisse z.B. englisch sind nicht ausreichend vorhanden). Selbst eine Vertragsdurchsprache auf Englisch durch die Referentin mit einem osteuropäischen Mitarbeiter war nicht möglich. Wie soll hier professionelle Personalarbeit über Grenzen hinweg funktionieren? Wie kann die Arbeitgebermarke aufgebaut werden?

Das Angebot einer Arbeitnehmer-Überlassung Firma bringt die rascheste Lösung. Recruiter mit den Sprachen der angrenzenden Länder sowie auch englisch ermöglichen Kontakte zu angelernten Kräften wie aber auch zu Ingenieuren. Der Bewerbungsprozess verläuft für den Mitarbeiter in der eigenen Sprache und Kultur, die Integration ins Unternehmen erfolgt Hand in Hand mit den Vorgesetzten und die Übernahmequote liegt bei mehr als 10 %.  Eine gute Lösung!

Internationales Recruiting: die Talente geben Gas!

Talente, die die Welt erobern möchten geben Gas! Sie suchen sich Auslandspraktika, namhafte Unternehmen für Inlandserfahrungen, oder gleich eine Universität mit Auslandssemestern. Die Auswahl der Länder erfolgt je nach Branchen- und Wirtschaftsstärke, meist jedoch wird ein englischsprachiges bevorzugt, z.B. chinesische Studenten gehen nach Australien, deutsche nach UK oder USA. Damit wächst das Interesse an internationalen Organisationen und Jobs. Und die Praxis?

Undifferenzierter Personalabbau in der Vergangenheit, unklare internationale Personalstrategien in den Unternehmen führen dazu, selten eine klare Positionierung im Employerbranding zu haben.

Ausgangssituation am Bewerbermarkt:

  • Lt. Mittelstandsbarometer (EY 2014) entsteht der deutschen Wirtschaft durch Nichtbesetzung von Stellen ein Schaden von 31 Mrd. Euro (Ranking NRW, Bayern, Baden-Württemberg).
  • Unzureichende Qualität von Auszubildenden zur Generierung von talentierten Fachkräften.
  • Geringe Verfügbarkeit von Führungskräften mit internationaler Berufserfahrung.
  • Einsatz von ausländischen Führungskräften ohne Deutschkenntnisse – ist besonders im deutschen Mittelstand – kulturell schwierig.

Warum muss schnell ein anderer Gang eingelegt werden?

  • Mitarbeiter aus dem Ausland können helfen, vakante Stellen zu besetzen.
  • Vermeidung von Umsatzeinbußen durch fehlendes Fachpersonal.
  • Personalvielfalt – wie muss gelebt Diversity  werden.
  • Die Gestaltung der Auslandsbeziehungen muss verbessert werden.
  • Etablierung von Employerbranding muss sichergestellt werden.

Beispiele:

Eine namhafte und als Arbeitgeber beliebte Supermarkt-Kette am Wiener Westbahnhof: ich freute mich, einer spanischen Mitarbeiterin alle meine Wünsche in meiner Lieblingssprache (spanisch) zu nennen, jedoch antwortete sie mir immer auf Deutsch, mehr recht als schlecht. Alle Mitarbeiter untereinander, gleich aus welchem Land, sprachen miteinander Deutsch. Neugierig bohrte ich nach und erfuhr: Das Unternehmen bezahlt jedem Mitarbeiter ausreichend Sprachkurse, damit die Sprache gut gelernt werden kann und es gibt die Auflage, dieses in dem Arbeitskontext immer zu praktizieren. So bekommen die  anderen Kollegen und vor allem die Kunden nicht das Gefühl, dass man über sie redet, bzw. sie ausgrenzt. So weit so gut! Es gibt aber auf der anderen Seite eine Bäckerei-Kette, die es ihren Mitarbeitern verbietet, in Stadteilen mit einem hohen Migrationsanteil in der Sprache der Kunden zu bedienen, sollte der Mitarbeiter diese sprechen können. Man will keine „Sprach-Ghettos“ schaffen!

Deutsche Sprache für ausländische Mitarbeiter …oder Muttersprache für ausländische Kunden?

Die Deutsche Bank spricht türkisch, mit „Bankamiz“. Die deutschtürkischen Bewohner ist eine der Hauptzielgruppen für das Ethno-Marketing in Deutschland, da sie größte Migrationsgruppe darstellt. Die direkte Ansprache der Deutschtürken ist daher aus wirtschaftlichen Gründen mit vielen Vorteilen verbunden und wird sehr erfolgreich umgesetzt. Im Privat- und Geschäftskundenbereich werden speziell für türkisch-sprachige Kunden eigene Filialen – mit einer Teetasse gekennzeichnet – Beratungen durchgeführt, in ihrer Kultur, in ihrer Sprache.

Auch e-plus setzt auf diese bilinguale Strategie, mit viel Erfolg!

Für welchen Weg der Inklusion ausländischer Mitarbeiter bzw. in der internationalen Kundenansprache werden Sie sich entscheiden?

Wohin geht die Reise? Welche Voraussetzungen sollten Sie schaffen?

  • Schaffen Sie eine Wertschätzungskultur für internationale Mitarbeiter, z.B. durch standortübergreifende Projekte und gemischten Teams.
  • Nutzen Sie die die richtigen Recruiting-Plattformen der jeweiligen Länder, stellen Sie sicher, dass die Qualifizierungen vergleichbar sind.
  • Schaffen Sie ein Intranet, internationale Mitarbeiterzeitung und ähnliche Kommunikationsinstrumente, die Gemeinsamkeit stiften und internationale Vorhaben transparent machen.
  • Erstellen Sie Maßnahmen zur Integration und Mitarbeiterbindung, z.B. cross-cultural Mentoring-Programms.
  • Wer sind die Ansprechpartner? Wer spricht welche Fremdsprache, um zu unterstützen?

Die Bertelsmannstudie hat gezeigt, dass in keinem anderen europäischen Land wie Deutschland so wenig „Cultural Diversity Management“ betrieben wird. Nur 44 % der deutschen Unternehmen nutzen dieses vorhandene Potenzial. Dagegen tun es 75 % der europäischen Unternehmen und sogar 92 % der US-amerikanischen und britischen Unternehmen. Zwar erkennen deutsche Führungskräfte durchaus die Stärken des „Cultural Diversity Managements“, setzen es jedoch nicht in die Tat um. Wie sieht das bei Ihnen aus. Wie sind die Mitarbeiter der Personalabteilung vorbereitet?

Think international and be flexible!

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