16. Februar 2015
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Low Cost! Low Cost??
Führen von Dienstleistern und Zulieferern in Schwellenländern

Im 21. Jahrhundert organisieren sich erfolgreiche Unternehmen über die Grenzen von Ländern und Kontinenten hinweg, eingekauft und produziert wird dort, wo es am günstigsten ist. Das erfordert die hohe Kunst, im Ausland zu verhandeln und internationale Zulieferer zu steuern und die Mitarbeiter virtuell zu führen.

Das hört sich an wie Zukunftsmusik, nur hinkt der Business-Alltag dieser globalen Strategie noch meilenweit hinterher. Das mag auch daran liegen, dass Vertreter westlicher Industriestaaten sich bislang nicht daran gewöhnt haben, auf Augenhöhe mit kommenden Wirtschaftsmächten in Asien oder Lateinamerika zusammenzuarbeiten. Doch ist ein Unternehmen wirklich global, wenn alle Fäden weiterhin in westlicher Hand sind und das Headquarter mit Argusaugen per Satellit über andere Kontinente wacht.

Echtes Worldsourcing (Role Model Lenovo) hat sich noch nicht etabliert. Einstweilen wirf das Outsourcing von Produktion oder Forschung und Entwicklung in so genannte Low Cost Countries (LCC) schon genügend Probleme auf. Fast jeder macht es, und nicht wenige Unternehmen machen es, weil andere es machen. Oftmals ohne umsichtige Planung und saubere Vorab-Kalkulation; dafür wird den fremden Partnern dann mit Unsicherheit und Misstrauen begegnet. Das wiederum verschärft die Schwierigkeiten in der interkulturellen Zusammenarbeit. So betreten viele Organisationen beim LCC Sourcing dünnes Eis, und nicht wenige brechen tatsächlich ein.

Vorteile des Low Cost Country Sourcing

Es locken auf der einen Seite vor allem die niedrigen Arbeitskosten auf der anderen Seite verfügen Schwellenländer wie Indien oder Brasilien über ein Heer qualifizierter Fachleute, auch wenn diese nicht immer unseren Ausbildungsstandards entsprechen. Es geht längst nicht mehr um das Ob einer Zusammenarbeit sondern um das Wie. Die großen Automobilhersteller diktieren ihren Zulieferern die Produktionsquoten in Low Cost Countries, und die können zwischen 30 und 60 % liegen. Und so werden Aufträge im Industrie-Design oder in der Forschung und Entwicklung rund um die Uhr in globaler Arbeitsteilung erledigt. Die Königsdisziplin ist das Global Engineering System. Hier arbeiten im Schichtbetrieb drei Designer an einem Entwicklungsprojekt: Start ist beispielsweise in Amerika (die ersten acht Stunden), dann erfolgt die Weiterleitung nach Deutschland (weitere acht Stunden) und anschließend geht es weiter nach Indien (die nächsten acht Stunden) und dann wieder um den Erdball nach Amerika. Die Vorteile liegen auf der Hand. Das Unternehmen gewinnt durch die 24 Stunden-Entwicklung Zeit, es spart Kosten durch die Einbindung günstiger Arbeitskräfte und addiert die Kompetenzen weltweit qualifizierter Mitarbeiter. So weit die Theorie. Wer aus Produktionsunternehmen die Notwendigkeit der gemeinsamen persönlichen Schichtübergabe kennt oder aber in der Hotellerie vom Früh- zum Spätdienst kann sich vorstellen, welche Stolpersteine in einem interkulturellen, virtuellen Team entstehen.

Risiken und Gefahren

Mächtige Schwellenländer wie China oder Indien erlassen politische Auflagen, die ausländische Unternehmen zum Outsourcing in ihr Staatsgebiet bewegen. Wer beispielsweise an wichtige Rohstoffe gelangen will (etwa seltene Erden), muss sie auch im Land verwerten und dort produzieren. Oft müssen die Unternehmen Joint Ventures mit lokalen Herstellern eingehen, so dass das Know-How, die Prozesse und Abläufe, ja auch die Preisgestaltung nicht mehr völlig beeinflusst werden kann. Die Arbeit mit lokalen Belegschaften bringt noch zusätzliche Herausforderungen – in China z.B. werden die Mitarbeiter über ein stattliches Personalleasing dem ausländischen Unternehmen vermittelt und sind nie Angestellt des ausländischen Unternehmens. Dadurch greifen westliche Personalentwicklungs- maßnahmen nur teilweise.

Wenn alle Kosten und Risiken betrachtet werden: Währungsschwankungen, Ausfuhrsteuern, Transportkosten, längere Lieferzeiten, aber auch Naturkatastrophen (Japan) und politische Instabilität (Russland) muss die Entscheidung mit größter Vorsicht getroffen werden.

Zusätzlicher Aufwand entsteht beim Low Cost Country Sourcing durch die direkte oder indirekte Überwachung des Lieferanten, des Dienstleisters etwa hinsichtlich garantierter Umwelt- oder Sozialstandards, die die Kunden in den Industrienationen zunehmend sensibel beobachten.

Doch so selbstverständlich, wie das klingt, ist penible Planung in Wahrheit nicht. Übersehen werden vielfach auch die indirekten Folgekosten eines Offshoring Projektes. Dazu gehören beispielsweise mögliche Imageschäden. Allein im August 2007 wurden 20 Millionen Spielzeuge von Mattel zurückbeordert. Offshoring kann sich so als Kostenbumerang erweisen.

Mitbedacht werden muss auch, was die Verlagerung von Aufgaben und Kompetenzen im heimischen Unternehmen auslöst. Wenn plötzlich die deutsche Industrie-Design Verantwortung in ein Billiglohnland verlagert wird, fühlen sich die bisherigen Ingenieure ins falsche Licht gerückt.

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