16. April 2015
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Meetings im interkulturellen Kontext

Think global act flexible

Ein internationales Meeting oder ein Change-Workshop mit Repräsentanten aus allen Kontinenten in Deutschland. Wie so oft sind die Einheiten minutengenau geplant, die Agenda Punkte aufgelistet und im Vorfeld an die Teilnehmer verteilt worden. Zeit für „Allfälliges“, wie es in Österreich vorgesehen wird, gibt es nicht. Ein straffer Ablauf – nicht vorhandene Zeitpuffer – ist selten einzuhalten, wenn südeuropäische, asiatische, südamerikanische Teilnehmer eingeladen sind. Es gehört nicht zum Wertekodex dieser Kulturen, alles abgearbeitet zu haben, zum Essen gehastet zu sein, um dann Stolz auf ein Ergebnis zu schauen. Wir Deutschen hingegen sind schnell unzufrieden, wenn das Programm aus dem Ruder läuft, der Diskussionsbedarf höher ist als geplant, die Teilnehmer zu spät aus den Pausen zurückkommen. Es sind natürlich die anderen, die „komisch“ sind. Und trotzdem müssen wir uns irgendwo in der Mitte treffen!

Chinesische Unternehmen sind auf Expansionskurs ebenso wie spanische (oh Wunder!). Zukäufe, Übernahmen, Joint Ventures erfordern vermehrt Meetings, Change-Projekte mit neuen Partnern aus fremden Kulturen stehen an. Doch wie können wir diese meistern?

Schauen wir uns Spanien an, ein Land, in dem ich viele Jahre gelebt, meine erste Führungserfahrung gemacht  und die Kultur schätzen und lieben gelernt habe. Richard D. Lewis sagt: „Es gibt ein England oder Frankreich, aber es gibt verschiedene Spanien. Die Bewohner aus Galicien sind eher praktisch und melancholisch und haben einiges mit Holländern, Briten und Skandinavier gemeinsam. Das „dickköpfige“ Vorgehen der Menschen aus Aragon findet Parallelen im Finnischen.  Basken haben ein Talent für Handel und Produktion und sind sehr robust, ähnlich wie Finnen, Ungarn und Estländer. Nordeuropäer und Amerikaner kultivieren wie die Katalanen Effizienz und klare Zielvorgaben, sie sind ihren französischen Nachbarn ähnlicher als den restlichen Spaniern. In Andalusien scheint jeder ein geborener Redner zu sein und Zeitpläne sind schlichtweg für die Katz.“ Die Mehrheit kommt aus Kastilien, bodenständige, heimatverbundene, stolze Menschen, dort wo die Landeshauptstadt und die Zentralregierung beheimatet sind. Wenn Sie also Geschäfte mit Spaniern anbahnen, überprüfen Sie vorab, wo die jeweiligen Wurzeln sind. Fragen Sie einfach nach, diese Antwort wird Ihnen gerne und mit Stolz gegeben.

Wie in fast allen Kulturen, sind der Aufbau und die Pflege von Beziehungen wichtiger als bei uns in Deutschland. Das Hauptinteresse liegt immer in der Person und damit stellt sich die Frage: wie schnell können Sie Vertrauen aufbauen? Das Gesicht zu wahren ist in Spanien genauso wichtig wie in vielen asiatischen Kulturen, es geht nicht darum, wer Recht hat, nicht um die wahrhaftige Wahrheit, sondern um die Ehre. Es gilt, das Geschäft zwischen zwei wertvollen Personen zu machen, nicht so sehr um das Produkt oder das Unternehmen.

Vorbereitung von Meetings, so stellen Sie die Weichen:

  • Planen Sie die Agenda-Punkte so, dass Zeit für Diskussion und Austausch besteht.
  • Flexibilität und Improvisation sind Werte, die immer wieder unter Beweis gestellt werden, in den Inhalten und auch im Zeitplan. Passen Sie Ihre Themen und Abläufe entsprechend an, der bravouröse Umgang mit Unvorhergesehenem wird in Spanien sehr geschätzt und immer wieder unter Beweis gestellt.
  • Binden Sie die Teilnehmer vorab in die Planung ein. Dies hilft, die Beziehung zu vertiefen, Vertrauen aufzubauen und dadurch auch in schwierigen Situationen das Gesicht zu „wahren“.
  • Planen Sie Pausen ein, ein wichtiger Meilenstein zum Beziehungsaufbau und Smalltalk.
  • Achten Sie auf den Umgang mit Hierarchien, wen haben Sie eingeladen, wer muss evtl. im Projekt Meilensteine verteidigen.
  • Weniger ist mehr! Der Umgang mit der Zeit ist nicht linear sondern flexibel, in der Pünktlichkeit, in der Diskussion, Einhaltung der Besprechungspunkte. Setzen Sie Prioritäten und nicht einen 20 Minuten Slot!

Durchführung von Meetings, seien Sie darauf vorbereitet!

  • Spanische Meeting-Beiträge sind oftmals (im Vergleich zu deutschen) wortstark, laut, eloquent und emotional theatralisch.
  • Aussagen vom spanischen Top-Management können während der Diskussion nicht korrigiert oder in Frage gestellt werden (Power Distance), evtl. werden später beim Dinner Zugeständnisse gemacht,  „Gesicht wahren statt Gesicht verlieren“ ist essentiell.
  • Für Spanier ist die Person des Vortragenden wichtiger als der Inhalt, die allgemeine Zuhörqualität und -dauer ist geringer als wir es gewohnt sind.
  • Wenn Kritik nötig, dann gehen Sie viel diplomatischer vor, als Sie es im heimischen Kulturkreis machen würden.
  • Üben Sie Geduld: Da in Spanien oft gleichzeitig und laut diskutiert wird, dadurch die Zuhörfähigkeit eingeschränkt ist, werden Aussagen oft mehrfach wiederholt und die Zeitplanung gerät aus den Fugen. Hier ist wiederum Flexibilität und Improvisation gefragt.
  • Englisch als Geschäftssprache: Spanisch wird sehr schnell gesprochen und die Intonation ist für uns ungewohnt. Dies wird oft bei der Diskussion in einer Fremdsprache, z.B. im Business Englisch übernommen, wodurch das gegenseitige Verständnis erschwert wird.
  • Gewinnen Sie die Loyalität Ihrer spanischen Geschäftspartner, in dem Sie gut zuhören, sich auf die Landesgeschichte, die Literatur, Architektur usw. vorbereiten. Spanier sind sehr humorvoll, machen Witze über die eigene Politik, das Verhalten, was Ihnen jedoch als Nichtspanier nicht zusteht.

Und nach dem Meeting?

  • Nach dem Motto: Arbeit ist Arbeit und Schnaps ist Schnaps, werden in Spanien private und berufliche Agenden getrennt. Es wird viel informelle Zeit miteinander verbracht, Essen und Trinken, gemeinsam Sport anschauen – um den Business-Partner kennenzulernen – jedoch nicht, um das geschäftliche Thema inhaltlich weiter voranzutreiben.

Es ist schlichtweg kontraproduktiv, auf die spanische Unpünktlichkeit hinzuweisen, die Langsamkeit, das „Mañana-Mañana“, auf die politische und regionale Instabilität, Ineffizienz oder wirtschaftliche Schieflage. Jeder Spanier wird dies mit seinen Kollegen kritisieren, vielleicht als Stolperstein für das gemeinsame Geschäft darstellen, möchte dies jedoch nicht von Außenstehenden hören. Dies ist für Sie ein Tabu!

Wenn Sie gute Geschäfte und Abschlüsse in Meetings erzielen wollen – legen Sie nicht den Finger in die Wunde. Ihr Geschäftsziel erreichen Sie mit und durch die Menschen.

Wie immer gilt: „Business is personal“!

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