10. Juni 2012
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Qué no nos quiten lo bailado! Das Getanzte kann man uns nicht wegnehmen!

Was kommt Ihnen als erstes in den Sinn, wenn Sie an Global bzw. International Management & Leadership denken? Vermutlich zuerst das Leben in der großen weiten Welt, die Auslandsmanager, die Exportverantwortlichen. Aber hinter Global Management & Leadership steckt noch viel mehr. Nehmen wir das Beispiel Spanien-Deutschland, nein ich rede nicht von dem Endspiel der letzten Europa-Meisterschaft, sondern die aktuelle Wirtschaftslage. WIN-WIN könnte sein: Deutschland benötigt und bekommt Fachkräfte, Spanien benötigt und bekommt Arbeitsplätze für die Fachkräfte, die heute in dem heimischen Markt „verloren“ sind und trotzdem auf uns lebensfroh wirken.

Ein Beispiel der Lebensfreude unserer südlichen Nachbarn sehen wir in diesem Video, eine kleine Bühne… viele Spanier mögen und tanzen z.B. Sevillanas…

http://www.youtube.com/watch?v=XHULSV35oaM

Wenn meine deutschen Freunde in Spaniens Metropolen fahren, sei es nach Madrid oder Barcelona, so höre ich: Die Bars sind trotz aller Horrorberichte gut besucht, die Straßen mit schicken Autos verstopft.Dieser erste Eindruck lässt nichts von der „verlorenen Generation“ spüren, sprich dieser jungen Generation, in der lt. Eurostat vom Mai 2012 mehr als die Hälfte ohne Jobs und ohne Perspektiven ist. Wie können wir das mit unserem deutschen Denkvermögen
verstehen?

Es ist mehr als 50 Jahre her, dass die Generation der spanischen Großeltern in den 60ziger und 70ziger Jahren massiv ausgewandert ist, um als spanische Gastarbeiter in Deutschland zu einer WIN-WIN-Situation beizutragen. Deutschland benötigte in dem Nachkriegs-Wirtschaftsaufschwung Arbeitskräfte, in Spanien herrschte bittere Armut. Es kamen mehr als 600.000 Arbeitswillige und mehr als 80 % der damaligen spanischen Gastarbeiter – Menschen, die ihrem Land finanziell sehr geholfen haben und diesem sehr verbunden sind, gingen wieder in ihre „pueblos“ zurück und halfen den spanischen Wirtschaftsaufschwung mitzugestalten. Die nächsten Generationen sollten es besser haben und so bemühte sich jede Familie, die es sich leisten konnte, die Kinder studieren zu lassen, zu Sprachferien ins Ausland  zu schicken, sie sollten gebildeter und offener sein. Nur diese gute Ausbildung, die  übermäßig vielen Akademiker mit mehreren Hochschulabschlüssen, ist im eigenen Land nicht gefragt. Schon seit vielen Jahren arbeiten junge Doktoranten im Call-Center, andere versuchen jahrelang eine der begehrten Staats-Positionen über „Oposiciones“  (Staatsprüfungen bei denen oft auf 3.000 Bewerber eine Stelle angeboten wird) zu ergattern. Das System hält, weil die Eltern – die Kinder der ehemaligen Gastarbeiter – gute Positionen und Wohnungs-Eigentum haben und der Zusammenhalt in  der spanischen Familie noch gut funktioniert. So erlebe ich seit vielen Jahren, dass die Familien immer mehr zusammenrücken. Ja und das Leben draußen in den Straßen und den Bars ist immer noch fröhlich, ausgelassen und es ist vielleicht nicht mehr ganz so voll, aber aus den Augen deutscher Besucher immer noch sehr gut besucht.

Die deutsche Wirtschaft mit dem „Angela Effekt“ lockt heute aus eigener Not (die GEschichte scheint sich zu wiederholen) Ingenieure, gut ausgebildete Fachkräfte, so dass die deutschen Handelskammern in Spanien Mobilitäts-Seminare veranstalten. Sprachkurse des Goethe-Instituts können doppelt und dreifach belegt werden, Personalberater  werben mit „Trabajar en Alemania“, machen eine Vorauswahl und geben Tipps & Tricks für die Ausreise. Die junge Generation ahnt, dass sie sich selbst neu erfinden muss. Viele nehmen dabei ihre Großeltern als Vorbild und die Elterngeneration versteht nach und nach, dass Auswanderung kein Drama ist. Wie bei einer Auslandsadoption gibt es Fragen auf beiden Seiten, zum einen dass man die Jugendlichen gehen lassen muss, zum anderen auch die Unsicherheit im Empfänger-Land, dass die „Gastarbeiter“ in ihr Heimatland zurückgehen werden, sobald sich die Wirtschaft dort wieder erholt. Doch für die jungen spanischen Fachkräfte und Hochschulabsolventen bedeutet eine Auslandsorientierung, dass das eigene Wissen angewendet, aktualisiert und weiterentwickelt werden kann.  Die Halbwertzeit von Fachkarrieren beträgt drei max. fünf Jahre, dann nützt es auch im eigenen Land nichts mehr, wenn es zwischenzeitlich brach liegt.

Nach wie vor bestehen in den Auswanderungsländern der Gastarbeiterbewegung der 60ziger und 70ziger Jahre komplette Strukturen für die Ausbildung der spanischen Kinder. So gibt es z.B. in Deutschland, Marokko usw. Begleitunterricht, so dass nach der Rückkehr ins Heimatland beide Schulabschlüsse vorgewiesen werden können. Wenn diese Institutionen und die entsprechenden Lehrer nicht dem Sparstift der neuen spanischen Regierung zum Opfer fallen, könnten sie eine gelungene Basis für die Spanische Community darstellen. Die Kinder würden zweisprachig aufwachsen und sowohl einen deutschen und einen spanischen Schulabschluss in der Hand halten.

Doch was sollte Deutschland aus der bisher schwierigen Integrationspolitik gelernt haben?

Schon Max Frisch sagte in den 60ziger Jahren: „Wir riefen Arbeitskräfte und es kamen Menschen…“ Wenn wir die daraus resultierenden Erfahrungen reflektiert und unsere interkulturelle-sozialen Kompetenzen weiterentwickelt haben, dann wissen wir, dass internationale Neuzugänge in der Nachbarschaft und Organisationen bewirken, dass das bisherige Gefüge im Unternehmen bzw. im Team ersteinmal ins Wanken gerät.

Der Kulturschock für den ausländischen Mitarbeiter kommt wie das Amen im Gebet.

Kluge Unternehmer fragen sich: Wie kann ich die Integration beschleunigen, wie schnell kann die Sprache, die Unternehmenskultur erlernt werden, wie schnell kann der ausländische Mitarbeiter im neuen Umfeld heimisch werden: gibt es Paten oder Mentoren, Sprachprogramme, die eine Integration unterstützen bzw. beschleunigen. Gerade bei neuen Mitarbeitern, deren Kultur wir aus dem Urlaub kennen, schnappt die Ähnlichkeitsfalle erbarmungslos zu. In Spanien wird heute noch anders geführt als bei uns in Deutschland, Familie und Freunde haben einen hohen Stellenwert, die Menschen sind stolz und haben gerade in den letzten Jahrzehnten gelernt, wie wichtig Statussymbole sind.

Natürlich muss sich nicht die Mehrheit der Minderheit anpassen, jedoch hilft das Wissen über die andere Kultur, den neuen Mitarbeiter besser zu verstehen. Plumpe Wortfetzen wie „Siesta“ oder „Olé, olé“, die man selbst im Urlaub gelernt hat, wirken eher verletzend und demütigend. Die wenigsten Spanier machen einen Mittagsschlaf  und kaum einer der jungen Leute geht zum Stierkampf. Also gut gemeint ist nicht immer gut!

Spanien ist ein Beispiel, das mir ganz besonders am Herzen liegt. Welche Erfahrungen haben Sie? Was ist Ihr Meinung? Wie sehen Sie den Bedarf an schneller Integration bzw. Schaffen von WIN-WIN-Situationen?

Ich lade Sie ein, dieses brandaktuelle Thema mit mir zu diskutieren und freue mich über einen bunten interkulturellen  Meinungsaustausch.

 

 

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