13. Oktober 2014
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Verkaufen, verhandeln, präsentieren in anderen Ländern

Während sich die einen heute in Hongkong mit Regenschirmen gegen das Tränengas schützen, spannen andere in Shanghai die Regenschirme als Werbemittel-Träger auf. Angeboten wird der Sohn oder die Tochter auf dem Heiratsmarkt im „Volkspark“.

Andere Länder – andere Sitten, wenn es um Präsentation, Angebot, Nachfrage und Verhandlungen geht

Ein Engländer, ein Deutscher und ein Franzose stehen vor einem Erschießungskommando. Jeder der drei hat noch einen Wunsch frei. Der Franzose möchte noch einmal richtig gut essen gehen. Der Deutsche würde gerne eine Rede halten. Als der Engländer das hört, sagt er: ich habe nur einen Wunsch. Ich möchte erschossen werden, bevor der Deutsche anfängt.

Ein ziemlich makabrer Scherz, sicher. Er bringt jedoch wunderbar auf den Punkt, dass in verschiedenen Kulturen unterschiedlich geredet bzw. präsentiert wird. Gleichzeitig spielt der Witz mit gängigen Klischees. Dazu gehören auch die geringen Erwartungen, die viele Nationen an uns Deutsche in punkto Humor und Unterhaltungswert haben.

Wir gelten als nüchterne Faktenhuber. Wenn ein Deutscher im internationalen Kontext präsentiert oder in eine Verhandlung geht, macht sich ein britisches oder amerikanisches Gegenüber wahrscheinlich auf das Schlimmste gefasst.

Globalisierung kann das Leben ganz schön kompliziert machen

Amerikaner wollen sich von einer Präsentation unterhalten lassen, zumindest am Anfang. Sie mögen es nicht, sich zu langweilen. Uns Deutschen macht es wenig aus, wenn wir uns langweilen, solange wir nur mit genügend Sachinformationen gefüttert werden. Finnen erwarten, dass ein Sprecher sich auf das Nötigste beschränkt, mit knappen Worten und ohne rhetorischen Schnickschnack. Italiener hingegen erwarten Rhetorik, Charisma, elegante Überzeugungskraft und einen gut angezogenen Sprecher. Spanier erwarten Wärme, Freundlichkeit und legen Wert auf starken Blickkontakt. Die Schweden sind wie wir Deutschen an lange, klärende Meetings mit einer Fülle an Details und klarer Struktur gewöhnt: Anfang, Mitte und Schluss. Zuerst erzählen sie Ihnen, was sie Ihnen erzählen werden, dann erzählen sie es, und dann erzählen sie Ihnen, was sie Ihnen erzählt haben. Diese Vorgehensweise würde Franzosen rasend machen („Ich bin doch nicht blöd“). Franzosen wollen Geistreiches, Originalität und innovative Ideen, sonst verlieren Sie sie. Japanern dagegen ist es ziemlich gleichgültig, was Sie sagen, solange Sie es nur nett und höflich tun und dabei einen dunklen Anzug tragen. Chinesen erwarten vor allem Bescheidenheit, Inder eine blumige Sprache, Afrikaner menschliche Wärme und Wiederholungen, Araber lautstarkes Auftreten als Zeichen Ihrer Ernsthaftigkeit.

Im internationalen Kontext geht es dabei nicht nur um verbale und nonverbale Kommunikation, sondern auch um die Einstellung gegenüber einer Situation insgesamt: Wie formell geht es zu? Wieviel Zeit braucht man? Mit wie vielen Schritten oder Treffen kann man sein Verhandlungsziel erreichen. Welche Kleidung wird erwartet?

Preisverhandlungen sind nicht überall gleich

Bei einem Geschäft in China kann es schon einmal zugehen wie auf dem Bazar, verhandeln wird erwartet. In Österreich dagegen gibt es fixe Preise, die man anbietet und das war`s. Der Versuch zu verhandeln, gibt dem Ganzen einen unseriösen Touch.

In jedem Fall heißt es geschickt, klug, trainiert und ausdauernd in internationalen Verhandlungen zu sein. Ebenso wie beim Hochleistungssport müssen sich die Verhandlungspartner sorgfältig vorbereiten, immer wieder trainieren und sich auf unbekanntes Terrain begeben.

Ein Blick auf die Kulturdimensionen oder die Analysen von Richard D. Lewis zu „Cross Cultural Communication“ gibt einen Einblick in die unterschiedlichen Meeting- und Verhandlungskulturen.

Wenn wir durch unsere eigene deutsche Brille schauen – und unsere Schärfung entscheidet sich schon sehr von unseren österreichischen Nachbarn, dann erkennen wir unseren Verhandlungsstil:

  • ZDF (Zahlen, Daten, Fakten) anstatt ARD (allgemeines Rumdiskutieren), Sachebene statt Beziehungsebene
  • Möglichst schnell zum Punkt kommen – der Beziehungsaufbau ist sehr kurz, Zeit ist Geld!
  • Die verhandelnde Person vertritt das Unternehmen und hat die Entscheidungskompetenz
  • Arbeit ist Arbeit und Schnaps ist Schnaps, möglichst strikte Trennung beider Bereiche, also „bierernste“ Gespräche
  • Vertrauen in das Produkt ist wichtig, alles andere regeln der Gerichtsstand und die Verträge

Neben einer guten Vorbereitung auf die jeweilige Kultur empfiehlt sich die aufmerksame Beobachtung des Kommunikationsverhaltens vor Ort oder der einzelnen Gesprächspartner in Meetings.

Denkanstöße:

  • Wie viele Gesprächspartner sind anwesend?
  • Spiegelt die Sitzordnung die Rangordnung wider?
  • Wer ergreift das Wort, und wessen Wort hat Gewicht?
  • Wie viel Smalltalk wird zur Eröffnung gehalten, bzw. wie viele Treffen sind erforderlich, bis man zum eigentlichen Thema kommt?
  • In welcher Sprache wird kommuniziert, gibt es Übersetzer oder Dolmetscher? (evtl. um Gesichtsverlust der Gesprächspartner zu vermeiden oder das Gespräch zu entschleunigen).
  • Stehen Sachargumente oder eine gute Atmosphäre im Vordergrund?
  • Werden strittige Fragen explizit angesprochen?
  • Werden kontroverse Fragen offen diskutiert?
  • Wie hoch ist die Bereitschaft, der anderen Seite geduldig zuzuhören?
  • Wie verbindlich sind die Ergebnisse? Kommt man überhaupt zu einem Ergebnis oder ergibt es sich beiläufig mit am Tisch oder müssen sich die Verhandlungspartner erst abstimmen (ohne dies offen zu thematisieren?

Mit anderen Worten: Fahren Sie Ihre Antennen aus, tasten Sie sich langsam vor. Das wir Ihnen naturgemäß schwerer fallen, wenn Sie selbst unter Stress und Zeitdruck stehen, ist jedoch das A und O für Ihren Verhandlungserfolg.

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